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Türchen 8

von Katharina Kumeko ( Text & Illustration)

So verging eine Woche und noch eine. Jeden Abend spielte Lisbeth mit der närrischen Taube – genannt Tantchen – und dem Wind Bo Monopoly. „Wie machst du das nur immer, Tantchen? Du gewinnst immer!“ Lisbeth maulte und besah resigniert ihre Karten. Tantchen warf sich in ihre taubenblaue Brust und kicherte. Zu mehr war sie nicht fähig: kichern und gewinnen. „Ich habe keine Lust mehr!“ heulte Bo. „Ich gehe jetzt schlafen. Morgen muss ich wieder arbeiten!“ -Tagsüber backte Lisbeth weitere Weihnachtskuchen und schmückte das Schloss mit Herrn von Trondheim für das große Fest. Herr Von Trondheim liebte Lametta und verteilte es an den unmöglichsten Stellen wie zum Beispiel an Ofenrohren und i Toilettenschüsseln. Lisbeth hatte es aufgegeben, mit ihm zu diskutieren. Sie hängte große Schneesterne auf und silberne Weihnachtskugeln und band Tannen und - Kiefernzweige zu langen Girlanden, die sie um alle Treppengeländer schlang. 

Und davon gab es viele in diesem großen Haus. Genauso wie es viel zu viele Treppenstufen gab. Lisbeth kletterte jeden Tag 222 Stufen hoch zum höchst -gelegenen Fenster, um nach Etta Ausschau zu halten. Ob sie denn bald käme. 
Sie kam wieder! Etta kam wieder! So wie sie es versprochen hatte. Durch das dichte Schneegestöber. Doch – Lisbeth stutzte: Neben Etta ging noch jemand. In grauem, silbergrauem Tuche, - viel, viel größer als Etta, ging er neben ihr. Lisbeth kniff die Augen zusammen. Mist! Wenn sie nur ihre Brille mitgenommen hätte! Aber die lag unberührt auf ihrem Küchentisch. Lisbeth hörte ein hohes Klingeln, als klingelten sämtliche Weihnachtsglocken zusammen. Da rannte sie, so schnell sie konnte, alle 222 Stufen wieder herunter. Sie öffnete die große Haustür sperrangelweit. So ein großer Besuch brauchte Platz! Sie war ganz außer Puste! 
„Hereinspaziert, hereinspaziert!“ Sie verbeugte sich und als sie wieder aufsah, blickte sie in große, samtene Augen und aufgeblähte Nüstern. „Mein Herr!“ Lisbeth wusste, dass man große Pferde immer mit“ mein Herr“ anredete.


- Fortsetzung folgt -