Manuel, der kleine Schutzengel
Eine Geschichte von
Dirk Hoffmann
Kapitel 4
Die Hüterin des Herzens
Matthias beriet sich eine kurze Weile mit dem Engelrat. Manuel dachte derweil über alles nach, was er bisher gehört und gesehen hatte.
„Die Lichter symbolisieren die Lebewesen“, wiederholte er leise für sich, „die Herzen das Leben selbst“. Er begann zu verstehen, was das bedeutete. Das Leben ist kostbar und wichtig. Und offenbar hatte der Rat beschlossen, dass er, Manuel, auf der Erde etwas tun sollte.
Während Manuel das alles klar wurde, trat Matthias zu ihm und Johannes zurück. Zunächst wandte er sich an den Lehrengel.
„Johannes“, sagte er, „kehrt ihr nun zurück zu euren üblichen Aufgaben. Wir werden uns ab jetzt um Manuel kümmern. Wenn wir euch brauchen, schicken wir nach euch“.
Johannes verneigte sich und verließ die Halle des Lebens.
Als Johannes fort war, drehte sich Matthias zu Manuel um und lächelte ihn an.
„Hast du dich ein wenig an die Umgebung hier gewöhnt?“, fragte er.
„Ja das habe ich“.
„Das ist gut. Die Zeit läuft. Jemand braucht dringend unsere, oder viel mehr deine Hilfe!“
„M… Mei… Meine Hilfe.“ Manuel erschrak, als er das hörte. Damit hatte er nicht gerechnet.
„Ich weiß, das kommt unerwartet“, erklärte Matthias, „wir dachten, wir hätten noch Zeit. Doch es ist dringend! Aber wir sind sicher, du schaffst das!“ Matthias wechselte einen Blick mit dem Rat und fuhr fort: „Johanna, die Hüterin des Herzens, wird dir gleich alles erklären“.
„Die Hüterin des Herzens?“, fragte Manuel leise.
„Johanna“, rief Matthias, „jetzt ist es Zeit!“
In der Mitte der Halle wirbelten Nebelschwaden auf. Als sie begannen sich aufzulösen, schimmerte etwas Rötliches hindurch. Bald waren die Nebelschwaden verschwunden und ein großes rotes Herz wurde sichtbar. Ein Engel mit langen blonden Haaren erschien vor dem Herz und trat näher.
„Hallo zusammen!“, sagte Johanna fröhlich. Manuel wunderte sich. Die Engel vom Rat waren alle schon sehr alt. Er hätte jetzt eine alte Dame erwartet. Aber Johanna schien nicht viel älter zu sein als er selbst. In der Tat sah sie sehr jung aus. Sie war auch sehr hübsch. Fröhlich frech sah sie in die Runde.
Was für ein fröhliches Mädchen, dachte Manuel. Auf den ersten Blick gefiel sie ihm sehr gut.
„Hallo Johanna“, grüßte Matthias sie feierlich, „schön, dass du zu uns kommst“.
„Wenn der ehrwürdige Matthias ruft, mache ich mich gerne sofort auf den Weg“, antwortete Johanna ebenso feierlich und machte einen tiefen Knicks.
Der Älteste senkte sein Haupt ein wenig, fasste Johanna sanft an der Schulter und führte sie direkt zu Manuel.
„Das ist Manuel“, erklärte er, „einer unserer neuen Schutzengelanwärter. Seine Ausbildung ist beinahe abgeschlossen. Aber eben noch nicht ganz. Es gibt jedoch einen Ort, an dem er bereits gebraucht wird. Allerdings darf er noch keinen Schutzengelauftrag alleine ausführen. Deshalb haben wir beschlossen, dass du ihn begleiten wirst“.
„Was? Ich soll ihn begleiten? Aber doch wohl nicht auf die Erde?“, fuhr Johanna auf. Plötzlich wirkte sie völlig verändert, da war kein Lächeln mehr, kein Frohsinn.
Manuel war total verwirrt.
„Ehrwürdiger Matthias, ihr wisst doch, ich war noch nie auf der Erde, ich beobachte nur von hier oben“, meinte Johanna kleinlaut.
„Du schaffst das. Ich meine, ihr schafft das“, stellte Matthias klar, „ich vertraue auf euch beide. Manuel war schon ein paarmal unten, nicht wahr?“ „Äh, ja“, antwortete Manuel, der sich überhaupt nicht sicher war, wer wen unterstützen sollte.
„Ihr beide werdet euch hervorragend ergänzen, ihr werdet sehen. Vielleicht lernt ihr beiden euch erst einmal richtig kennen. Ich werde euch jetzt einige Zeit allein lassen. Später kehre ich mit dem Rat zurück. Dann sollt ihr erfahren, worum es geht“, erklärte Matthias und verließ die Halle, gefolgt vom Engelrat.
Manuel und Johanna blieben allen zurück und sahen einander verdutzt an.